Die Nordküste von Kurzeme, Heimat der Liven, dünn besiedelt und von vielen Reisenden zu Unrecht übersehen, ist unser Lieblingsstück des längsten Strandes Europas.



Parallel zur Küste verläuft eine Landstraße P124, die vor 5 Jahren noch deutlich huppeliger war: unser hüpfender T5 auf dem Anhänger des vom ADAC beauftragten Abschleppdienstes… Von Ventspils kommend benimmt sich der Weg sehr bald sehr gleichmütig. Würde man nur den „Touristenmagneten“ Kap Kolka ansteuern, würde man nicht entdecken, was sich hinter dem Küstenwald verbirgt, den die wenigen Dörfer liegen 1-2 km nördlich in Strandnähe, u.a.:
Irbene (südlich der Straße): Hier stehen zwei riesige Radioteleskope (in 2019 frisch renoviert, Führung nach Voranmeldung) und eine aus Sowjetzeiten verlassenen Plattenbau-Siedlung – sehenswerter Lost Place.
Über Miķeļtornis ragt der höchste Leuchtturm des Baltikums. Zum dritten Mal (2x in 2018) steuern wir den strandnahen Campingplatz Miķeļbāka an. Hier gibt es viel Platz, frisch gezapftes Bier und wenn genug los ist / wäre auch etwas zu essen. Und Klönschnack. Das „Dorf“ besteht aus ein paar Häusern mit Kirche und einem neuen Seefahrsdenkmal. Hier finden wir die 2. der 100 Geburtstagseichen.



Die Irbe ist ein sandiger Paddelfluss, der nun immer noch auf unserer To-Do-Liste steht: zwei Tage von Rinda bis zur Mündung in die Ostsee bei Lielirbe. 2018 kam uns die lose Achsmanschette des T5 in die Quere (s.o.), jetzt das Wetter. Wir versuchen es in 5 Jahren nochmal. Oder in 10 oder…

In Mazirbe, ein süßes Zerstreudorf mit Dorfladen, der alles hat (“Was wir nicht haben, brauchen Sie nicht.”), ein Dorfmuseum über das Volk der Liven, Bushaltestelle und Traumstrand (schon wieder), finden wir Eiche Nr.3. Mazirbe ist uns 2018 ans Herz gewachsen, als wir hier gute 2 Tage mit fahrunfähigen T5 eine sehr schöne Pause eingelegt haben und wirklich alles erkundet haben, was das Dorf touristisch zu bieten hat: zum Wiederkehren!
Es gibt noch einige Kleinstdörfer mehr entlang der Küste, die zu Sowjetzeiten weitestgehend gesperrt und durch Verbot der Fischerei ihrer Lebensgrundlage beraubt waren. So ist hier auch etwas die Zeit stehen geblieben, und man findet noch einige historische Hof- und Dorfensembles. Die Dörfer sind mit einem alten Bahndamm verbunden, den man jetzt zu Fuß oder mit Rad nutzen kann.
Zwischen Miķeļtornis und Kap Kolka liegt der Slītere Nationalpark. Er schützt die sandige Küste und den Wald dahinter. In der Nähe von Mazirbe kann man die besondere Landschaftsform des gewachsenen Küstenzipfels auf einem Wanderweg erkunden. Es geht viele Treppen hoch und runter, denn der Wald, die Dünen, liegen hier in Streifen / Höhenrücken parallel zur Küste, denn so ist das Land hier angewachsen: die Strömung, die parallel zur Küste von Ovisi zum Kap Kolka läuft, lässt hier größere Mengen Sand liegen. Nach und nach bilden sich immer neue Dünenstreifen, die zu Wald werden, wenn sich davor ein neuer Dünenstreifen bildet. Da die Küste hier zur Rigaer Bucht zurückspringt, nach Osten ausweicht und der Sedimentierung Raum gibt, wird hier besonders viel Sand von der Westküste liegengelassen.



Am Kap Kolka kann man Skagen-like mit einem Bein in der Ostsee und einem Bein in der Rigaer Bucht stehen. Ansonsten gibt das Kap nicht soooo viel her, wenn man auf dem Weg hierher den Strand schon ausreichend genossen hat. Große Parkplätze, mehr Menschen, ein Café – OK. In die Rigaer Bucht rein wird die Küste weniger schön: zunehmend steiniger, besiedelter,… bis zum sandigen Boden der Bucht bei Jurmala: Badeort mit Highlife in Tüten – ohne uns!
Zurück zu Anfang Juli 2023: Es ist noch mehr Wind abgesagt. Und Regen. Da kommt Lust auf was Neues auf: Lettlands Osten, Latgale mit Seenplatte und Daugava-Schleifen wird unser nächstes Ziel.
