Das Beste, was man in einem Tag sehen kann, wenn man auf die kleine Meerjungfrau verzichtet.
Wir hatten für Ende Januar Konzertkarten für Apocalyptica (ihr erinnert euch, die haben wir im Sommer schon mal in Savonlinna gesehen) im Amager Bio in Kopenhagen und das gleich mit einem Kurztrip Kopenhagen verbunden.
Da wir ein- bis zweimal im Jahr in Kopenhagen sind, haben wir das meiste schon gesehen, dennoch ist die Stadt immer wieder neu und anders.
Diesmal hatten wir kaltes, klares und sonniges Januarwetter. Wir sind von unserem Hotel auf Amager mit der Metro zum Kongens Nytorv gefahren und haben von dort eine Runde gestartet, die man gut in einem Tag schaffen kann.
Kongens Nytorv – Nyhavn – Christiania – Christianborg Slot mit der Ausstellung „Det kongelige Festkøkken“ – Rådhuspladsen – Strøget – Rundetårnet – Kongens Nytorv

KONGENS NYTORV


mit dem Schloß Charlottenburg, dem (alten) königlichen Theater, dem Luxus-Hotel D´Angleterre und dem Kaufhaus Magasin du Nord liegt zwischen dem (teuren) Ende der Einkaufsstraße Strøget und dem
NYHAVN




Der Kanal Nyhavn verbindet den Hafen mit Kongens Nytorv und war bei seiner Fertigstellung der „neue Hafen“. An seiner Nordseite (der Sonnenseite) entstanden nach und nach die bunte Reihe von Giebelhäusern, die heute eines der Wahrzeichen Kopenhagens sind. Früher wie heute findet man im Erdgeschoß Tavernen, Bars und Restaurants. Auch H.C.Andersen hat eine Weile hier gewohnt. Im Sommer ist die Nordseite proppenvoll, im Januar aber entspannt leer. Weiter gehts über die
INDERHAVNSBROEN,
die für Radfahrer und Fußgänger die Innenstadt mit Christianshavn und Amager verbindet. Geplant für täglich 5 – 7000 Überquerungen des Innenhafens wird sie mittlerweile von mehr als 16000 Personen täglich genutzt.
Vorbei am Christianshavn, der jetzt im wesentlichen Yachten einen Liegeplatz bietet, gehts nach
CHRISTIANIA.

Die Freistadt (Fristad) Christiania entstand, als 1971 das ehemalige Militärgelände auf den alten Wall und Verteidigungsanlagen Kopenhagens von der Hausbesetzerszene besetzt wurde. Es entwickelte sich ein alternatives Lebens- und Gesellschaftsmodell auf dem Gelände, das bis heute funktioniert, auch wenn es, wie viele andere Gesellschaftssysteme, Höhen und Tiefen, Probleme und Auseinandersetzungen gab und gibt.



Jacob Ludvigsen schreibt in dem Artikel Zivilisten erobern die ‚verbotene Stadt‘ des Militärs (Hovedbladet 1971):
„Christiania ist das Land der Siedler. Es ist bis jetzt die größte Chance, eine Gesellschaft von Null aufzubauen – und dabei trotzdem die vorhandenen Gebäude weiter zu nutzen. Ein eigenes Elektrizitätswerk, ein Badehaus, eine gigantische Sporthalle, wo all die Friedenssuchenden würdevoll meditieren können, und ein Yogazentrum. Hallen, in denen sich Theatergruppen zu Hause fühlen können. Gebäude für Kiffer, die zu paranoid und schwach sind um sich abzuhetzen … Ja, für jene, die fühlen, wie das Pionierherz schlägt, kann kein Zweifel an dem Zweck von Christiania aufkommen. Es ist der Teil der Stadt, der vor uns geheim gehalten wurde – allerdings nicht mehr.“ (Wikipedia)
Leitbild Christina:
„Das Ziel von Christiania ist das Erschaffen einer selbst-regierenden Gesellschaft, in der alle und jeder für sich für das Wohlergehen der gesamten Gemeinschaft verantwortlich ist. Unsere Gesellschaft soll ökonomisch selbsttragend sein, und als solche ist es unser Bestreben, unerschütterlich in unserer Überzeugung zu sein, dass psychologische und physische Armut verhindert werden kann.“ (Wikipedia)
Alle Entscheidungen, die die Gemeinschaft betreffen, werden basisdemokratisch und als Konsens im Plenum entschieden.
Viele sozialstaatliche Aufgaben, Energieversorgung, Müllabfuhr usw. werden autonom von dem Plenum geregelt. Es gibt keine Mietverträge oder Wohneigentum, leerstehende Wohnungen können einfach bezogen werden. Will man Bewohner Christianias werden, entscheidet das Plenum darüber, in der Regel wird man von einem Christianiter vorgeschlagen.
2012 haben die Christianiter das Gelände vom dänischen Staat „frei gekauft“. Zur Finanzierung wurde ein Fond gegründet, der die Folkeaktie ausgibt. Bis Januar 2023 sind so rund 13 Millionen Euro zusammen gekommen. https://www.christianiafolkeaktie.dk
Aus der Sicht des dänischen Staates handelt es sich bei Christiania um eine staatlich geduldete autonome Gemeinde.
Viele der rund 1000 Christianiter verdienen ihr Geld ausserhalb von Christiania, aber es gibt auch innerhalb Christianias viele Betriebe. Vor allem die Gastronomie, die vorwiegend die jährlich 500 000 Besucher versorgt, aber auch die als Chistianiacykel bekannte Lastenfahrräder werden hier gebaut. Es gibt viele Kunstwerkstätten, z.B. die Kvindesmedien (Frauenschmiede).
Christiania nur auf Drogen und Cannabiskonsum zu reduzieren ist dem oben beschriebenen alternativen Gesellschaftsmodell nicht angemessen. Nach den Regeln der Christianiter (Christianias Grundlov) ist der Konsum weicher Drogen erlaubt, harte Drogen sind verboten. So konnte sich in der „Pusher Street” ein offener Marktplatz mit Verkaufsständen für Marihuana etablieren und der Genuss von Cannabis findet offen auf dem Gebiet Christianias statt. Verkauft wird das Marihuana vorwiegend von Dealern, die nicht in Christiania leben und nur den (relativen) Schutzraum der Pusherstreet für ihre Geschäfte nutzen. In der Pusher Street ist daher das Fotografieren verboten und dies wird von den Pushern auch rigoros durchgesetzt.
Dennoch: die dänischen Gesetze verbieten Cannabis auch auf dem Gelände von Christiania – und so kam und kommt es immer wieder zu Razzien, bei denen es auch zu Schießereien und sogar zu Todesfällen kam. Die Pusher Street ist ein immer wieder heiß diskutiertes Thema im Plenum.
Die offizielle Homepage von Christiania:
Eine ausführliche Fernsehdokumentation(rbb) zu 40 Jahre Christiania findest du hier:
Christiania – Der dänische Freistaat (1)
Christiania – Der dänische Freistaat (2)
http://www.youtube.com/watch?v=8NR4OtS6GOY
Christiania – Der dänische Freistaat (3)
Christiania – Der dänische Freistaat (4)
Zwei schöne Reiseberichte zu Christiania findest du auf dem Blog von AKIHART:
https://akihart.wordpress.com/2017/11/30/christiania-revisited-1981_2017/
https://akihart.wordpress.com/2017/11/14/coffeeshop-manefiskeren_freetown-christiania/
Von Christiania geht es am Wasser entlang zum
CHRISTIANSBORG SLOT


heute Sitz des Folketings (Parlament). Hier findet man die Ausstellung:
Det kongelige Festkøkken
Die alte Schlossküche ist komplett erhalten und dient als Ausstellungsraum für alte Küchengeräte, Kupferkessel, Geschirr usw.
Am Beispiel eines Banketts von 1937 kann man die Stationen der Zubereitung nachvollziehen. Neben der Küche ist auch die Konditorei und der Blomsterrummet zugänglich. Heutzutage wird das Essen für Bankette angeliefert und hier nur noch angerichtet.


Über den RÅDHUSPLADSEN kommen wir zur STRØGET, der Einkaufsstraße und Fußgängerzone Kopenhagens. Am Rådhuspladsen befindet sich das „billige Ende“ der Strøget, wo man Souvenirshops und Chinaimbisse findet.
In einer Seitenstraße der Strøget findet man die Trinitatiskirke mit dem
RUNDETÅRNET.


Christian IV hat ihn 1642 erbauen lassen. Das besondere an diesem Turm ist der Schneckengang, der sich 7,3 mal um den hohlen Kern windet und so breit ist, dass man mit einer Pferdekutsche bis nach oben fahren kann. Jede Windung gewinnt 3,74 m Höhe, was zu einer Steigung von 10% außen und 33% innen führt. Wenn man dann noch 59 Stufen erklimmt, erreicht man die 34,8 m hohe Aussichtsplattform, auf der noch ein astronomisches Observatorium steht.
Ende Januar geht die Sonne um 17:30 Uhr unter, so dass ich den grandiosen Ausblick über die Stadt mit einem atemberaubenden Sonnenuntergang sehen konnte.


Von hier aus gehts zurück zum Kongens Nytorv.
