Kalabrien präsentiert seine touristischen Vorzüge wirklich nicht auf dem Silbertablett! Was uns in den Cinque Terre zu viel wurde, müssen wir hier suchen. Und finden! Über das Wandern hinaus suchen und finden wir eine ganze Menge toller Seiten dieser deutlich armen, aber landschaftlich schönen Region. Wir folgen dem guten Wetter und lernen Kalabrien von der Gegend um Sibari, der Sibaritide, aus kennen: zwischen Pollino und Sila NP am ionischen Meer. Touristisch und wettermäßig die Rückseite Kalabriens: doppelt so viel Eis und Sonne fürs Geld! Innerhalb von 2 Wochen umrunden wir so die Sila im Uhrzeigersinn und pendeln zwischen Küste (schön warm, aber unschöne Ortschaften) und Hängen (schöne Orte und Landschaften, aber kalt) hin und her.

Die Strände! In der Nebensaison bis auf ein paar Angler einsam, verlassene Strandbars, geschlossene Campingplätze, zu ignorierender Müll und immer noch badewarm wie Dänemark im Juli. Vor allem die Bucht von Sibari hat einen sehr hohen Beachlife-Faktor.



Das Essen! Kalabrien “lebt” von Wein, Oliven und Zitrusfrüchten. Wir auch: Orangen gibt es geschenkt (Agriturismo). Wein gibt es oft für ca. 2€/Liter: irgendeinen lokaler Gebrauchswein. Ansonsten probieren wir ein paar autochtone Rebsorten durch: Gallioppo, Magliocco, Greco Nero und Bianco – je nachdem was gerade “offerte” für 3,60€ ist. Was gut ist, kaufe ich nochmal für zu Hause. Käse: neben mezzo-festem Ricotta und weichem Pecorino ist Provole der übliche Kalabrien-Käse: wie gereifter Mozzarella mit Butterkäse-Konsistenz. Kalabresische Salami ist gerne Peperoncino-rot, und wie Sopressata gibt es sie in picante und dolce, besonders feurig ist Nduja.






Das Eis! Das beste Eis inkl. Weltmeistertiteln finden wir in der Altstadt von Cariati. Für 3,50€ bekommen wir in der Gelateria Fortino einen ausgewachsenen Becher. Dreimal laufen wir diesen Ort an, um uns sehr lecker und mit Meerblick satt zu essen. Cariatese!



Die alten Häuser! Ein typischer kalabresischer Ort in Küstennähe besteht aus zwei Teilen: zunächst aus einem alten Ort im Hinterland oder centro storico: An und auf die Hügel kauern sich dicht gedrängt traumhafte Dörfer, die uns Alt-Haus-Liebhaber seufzen lassen. Unten an der Küste, an der strada statale und der Bahnlinie liegt dann der neuere Ortsteil, Marina (mit allen zivilisatorischen Hässlichkeiten) oder Lido (im November Touristen-verlassene Lost Places). Bestimmt leiden die Bergdörfer besonders unter der Land- und Kalabrien-Flucht: Überalterung und Leerstand in alten Mauern, romantisch aussehen tut es trotzdem.






Die Kulturspuren! Mitten im Mittelmeer waren die Völker rundherum fleißig unterwegs in Sachen Besiedlung. Archäologische Funde der Griechen, von Römern nachgenutzt und überbaut, nach Erdbeben und Überschwemmungen geborgen, finden wir zum Beispiel in Sibari (wo die Griechen in Sybaris sybaritisch gelebt haben) und auf dem Capo Colonne. Wir lernen einiges (und verlieren den Überblick) über die griechische Besiedlung, Hannibals Zufluchtsorte (der mit den Kriegselefanten) und römische Expansion. Aus nordeuropäischer Sicht: feine Hochkulturspuren!






Die Menschen! Wir sind nur netten Menschen begegnet: grüßend, bemerkend, beratend, aufmunternd, interessiert, hilfsbereit und offen. Wir verstehen viel mehr italienisch als wir dachten!
