Cinque Terre: Am Wegesrand

Die Cinque Terre sind mit ihren von Trockenmauern gestützten Terrassen und ihren 5 Dörfern, die sich an die Hänge klammern, Nationalpark und UNESCO-Weltkulturerbe. Schon bei unserer ersten Wandertour hier vor 28 Jahren stand der Besuch der Orte inkl. einer Wanderung auf der Bucketlist vieler Weltreisender. Turnschuhe, Ballerinas und Flipflops sind dank „Vibrampflicht“ inzwischen untersagt, trotzdem ist die Zahl der Menschen, mit denen man sich vor allem die Dörfer, aber auch die Wanderwege teilt, massiv gestiegen. Der November 2022 steht Ostern 2007 in dem Punkt in nichts nach. Trotzdem schaffen es die Orte, mit den Massen so umzugehen, dass man den Eindruck bekommt, dass sich hier auch noch alltägliches Leben abspielt (oder die Lokalbevölkerung in der Nebensaison mehr auffällt). Zwischen Wanderern und Kreuzfahrern auf Landausflug holen Italiener ihre Boote aus dem Wasser, treffen sich zum Klönschnack vor der Bar und schleppen ihre Einkäufe (inkl. Nachbarschaftshilfe bei der Lieferung einer Palette Olivenölkanistern) die Gassen hoch. In der Hochsaison muss die Kanalisierung der Besucherströme eine Herausforderung sein.

Wenn wir in den Orten die zahlreichen Schilder, die auf Ferienwohnungnen hinweisen sehen, ahnen wir, dass es für die hier arbeitenden und lebenden Menschen eine ähnliche Herausforderung sein muss, bezahlbaren Wohnraum zu finden, wie auf Sylt. Sylt-Effekt: Wo wohnen die Einheimischen? Nächste Frage: Wer pflegt und erhält die Terrassen inkl. Trockenmauern, Weinreben und Olivenbäumen, die für das Welterbe und vor allem gegen die Erosion eine bedeutende Rolle spielen? Die Landwirtschaft, hier meist im Nebenerwerb, kann kaum lohnend sein. Wenn dann noch die Wohnraumproblematik dazu kommt, wollen wir gerne hoffen, dass es ausreichend Anreize durch gezielte Fördermaßnahmen gibt, die die Cinque Terre nicht zur erodierenden Kulisse werden lassen.

Terrassierte Hoffnung für das Welterbe

Hier brauchen wir uns über die Eiszeit nicht zu unterhalten (wie wir es in Finnland so oft getan haben). Trotzdem hinterlässt die Geologie in unseren Diskussionen auch hier ihre Spuren. Als ziemliche Laien (wir kennen mal gerade die Unterteilung in Gestein magmatischen Ursprungs und Sedimentgestein) freuen wir uns über erhellende Infos am Wegesrand. Ein Beispiel: um den Monte Rossini herrscht magnesiumhaltiges, grünliches Gestein, Serpentinit (gefunden), vor, das für die meisten Pflanzen unlecker bis giftig ist, aber eine endemische Macchia-Pflanze hervorgebracht hat (nicht gefunden).

Auch unser Wissen über Pflanzen ist eher grob. Deshalb bekamen die nicht gesund aussehenden Strandkiefern, die in den höheren Lagen aus der Macchia ragen, zunächst mitleidigen Blicke von uns. Bis uns eine Infotafel (wir lieben Infotafeln!) aufklärte, dass diese hier nur angepflanzt wurden – zum Nachteil der ursprünglichen Macchia (gut gegen Erosion) und, weil harzreich, waldbrandbeschleunigend. Man soll jetzt irgendeiner Schildlausart danken, die mit den Strandkiefern aufräumt und hilft, die alten Macchia-Verhältnisse wieder herzustellen. Gut so!

Außerdem gelernt: Macchia, bekannt aus „Asterix auf Korsika“, gibt es übrigens in einer hohen (Steineichen, Erdbeerbäume,…) und einer niedrigen Variante (Rosmarin, Thymian,…). Die Früchte des Erdbeerbaums sind essbar und Lorbeer wird in Italien so groß, dass er zur hohen Macchia gehört.

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